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R d E - Revolution der Erben
Hier sind sie: Die phantastischen Abenteuer der Thora, des goldenen Drachens und vieler Phantasiegestalten in einem Textrollenspiel der Extraklasse. Tritt ein in die Community der Fantasy und starte mit Deinen neuen Ideen das Abenteuer Deines Lebens...
Kira erstarrte, als er die Bedeutung von dem erfasste, was Silberglanz soeben gesagt hatte. „In einem ...“
„... Diamanten. Genau richtig!“ ergänzte Silberglanz. „Ich habe alle Möglichkeiten in Betracht gezogen. Glas kann es nicht sein, ansonsten hätte man es zerschmettern können. Und als ich vorhin sah, dass auch dir Kristallstücke aus der Kleidung fielen, war ich überzeugt davon, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag.“
Fassungslos hatte Kira Silberglanz zugehört. „Aber wie kann das sein?! Wie kommen wir hier herein?!“
„Das weiß ich auch nicht, mein Junge. Aber es scheint irgendwie mit der Macht des Amuletts zusammen zu hängen, das jetzt im Besitz Ahrimans ist. - Ich weiß übrigens auch schon, wie der Diamant heißt: Taifun!“
„So wird bei uns ein Wirbelsturm bezeichnet“, murmelte Kira düster.
„Stimmt“, ergänzte Silberglanz bitter. “Und wir sind wahrscheinlich jetzt im Auge des Taifuns“.
Kira drehte sich wieder zur kristallenen Wand und schaute sie an. Dann zeigte er mit ausgestrecktem Arm resignierend um sich herum, drehte sich nochmal zu Silberglanz und schaute ihn fast flehend an, wobei zwei Tränen über seine Wangen rollten: „Aber wie kommen wir hier wieder raus, Silberglanz?!“
Silberglanz legte Daumen und Zeigefinger an sein Kinn, strich dann über seinen langen weißen Bart und überlegte scharf. Dabei lief er ganz ruhig durch den Raum, schaute mal hier und mal dort hin, betastete die Wand und anschließend seine Finger, und blieb schließlich vor Kira stehen. „Hm“, begann er langsam, „stell dir mal vor, dass alles, was du gerade erlebst, ein Schriftsteller geschrieben hätte, und du wärst nur eine Figur in seinem Roman. Was würde er dich jetzt wohl tun lassen?“
Kira staunte zwar über die Frage, hatte aber gleich eine Antwort parat: „Oh, da wüsste ich schon was. Ich würde ...“
„Halt! – Nicht sagen“, unterbrach ihn der Elbe mahnend und hob den Finger. Dann fuhr er nach einem Moment des Nachdenkens fort: „Gut. Und jetzt stelle dir vor, es ist alles richtige wahrhaftige Wirklichkeit. Wie kannst du das ausführen, was der Schriftsteller sich ausdachte?“
Kira strahlte und hob ebenfalls den Zeigefinger. „Durch meine Phantasie! – Denn eigentlich gehöre ich ja nicht in diese Welt. Und dann kann ich in dieser Welt auch nicht gefangen genommen werden. Also?“ Er schmunzelte und schnippte mit den Fingern. „Ich laufe einfach raus.“ – Damit drehte er sich zur Wand um und murmelte: „Denn wie lautet das Prinzip zu jeder Falle noch? – Die Falle trägt den Fluchtweg in sich!“
Aber sosehr er sich auch abmühte, die Kristallwand blieb undurchlässig und starr. „Es geht trotzdem nicht! - Verflucht noch mal!“ Kira hämmerte mit beiden Fäusten an die Wand, die sich auch dadurch nicht rührte. „Aber vielleicht muss ich ja was sagen, ein Geheimwort oder sowas. Ja natürlich! - Sowas wie Hokus-Pokus oder Sesam-öffne-dich!“
Im gleichen Moment, wo er das letzte Wort ausgesprochen hatte, wurde die Tür heftig aufgestoßen und Ahriman stürmte wutentbrannt hinein. „WER WAR DAS???“ brüllte er. „WIE ... KONNTE ES PASSIEREN, - dass meine schwarzen Freunde tot sind, die Knirpse aber noch leben!?!“ Er starrte mit funkelnden Augen auf Silberglanz, trat drohend auf ihn zu und zischte: „Ich will eine Antwort, oder ihr lernt mich von einer anderen Seite kennen!!!“
Kira war im ersten Moment erschreckt zusammen gefahren. Als er aber hörte, dass Ronel und Minto den Kampf gewonnen hatten, ergriff er die sich bietende Gelegenheit und rannte durch die jetzt offen stehende Tür hinaus ins Freie.
Eszira Gast - Nicht mehr aktiv
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Thema: Re: 3 - Gefährliche Situationen So 6 Nov 2011 - 6:18
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Lehrzeit
„Sag Ameritza, was soll ich machen? Wie binde ich Eshe immer an mich?“
„Meine Kleine, das kommt ganz allein. Ich könnte zwar einen Bindetrank aus Traubenkraut und Skobablüten destillieren, aber das wird nicht notwendig sein. Bring Eshe Vertrauen entgegen. Sag der Katze - ja, ich meine das wirklich so – sag der Katze, dass sie dein Freund ist. Nun aber will ich dich in die Alchemie einweihen.“
„Muss ich Alchemistin sein?“
Ameritza lachte laut auf: „Zira, du wirst keine Alchimistin werden. Ich bringe dir ein paar nützliche Grundlagen bei. Ich lehre dich, Tränke zu brauen, die deine Kraft verstärken. Ich zeige dir, wie man Salben herstellt, um Wunden zu heilen und Wässerchen, mit denen du dein Schwert bestreichen kannst, damit es tödlicher wird.“
„Noch tödlicher?“, griente Eszira.
„Noch tödlicher! Aber nun höre. Ich zeige dir in meinem Herbarium die Pflanzen, die wichtig für dich werden sollen:
"Hier, das Traubenkraut. Allein ist es zu nichts nütze, aber wenn du es mit der Skobablüte gemeinsam im Mörser mit dem Stößel zerstößest und dann dieses Gemisch in den Destillierkolben tust, dann erhältst du einen Auszug davon. Gebe ein paar Tropfen in reines Quellwasser und gib es einen Freund, dann bindest du ihn fester an dich. Sei aber vorsichtig damit. Es ist immer besser, wenn Freunde dir freiwillig ihr Leben anvertrauen.
Oder hier siehst du, die Santanablüten. Sie sind eigentlich ein Rauschgift. Nimm nur ein paar von den Blüten, destilliere sie und du erhältst einen Trank, der deine müden Glieder aufrichtet.
Siehst du, auf dieser Seite findest du Nachtschattengewächse. Sie sind tödlich. Nimm die Wurzel der Schwarztraubenbeere, zerreibe sie und nimm die dunkelblättrige Nachtblüte dazu. Das Destillat tötet jeden, denen du nur 1 Tropfen in den Trank tröpfelst. Ringelblumendestillat vermischt mit dem Fruchtmus des Tschalakalobaumes heilt deine Wunden – totsicher. Hab deshalb immer etwas des Fruchtmusses bei dir. Tschalakalobäume sind im Gegensatz zu den Ringelblumen nicht so oft zu finden. Übrigens, wenn du dein Schwert mit dem Brei der Schwarztraubenbeerenwurzel einreibst, vergiftest du jede Wunde, die du deinem Feind schlägst.“
„Puh Ameritza, soll ich mir das jetzt auf der Stelle alles merken?“
„Das erwarte ich“, kicherte Ameritza. „Nein du Dummchen. Wir wiederholen das täglich und du wirst immer noch etwas dazulernen. Nicht nur Muskeln sind wichtig, Eszira, auch Köpfchen und … auch in bisschen Hinterlist. Dabei griente Ameritza über ihr ganzes Gesicht.
„Dummchen??? Ameritza, ich bin eine Kriegerin!“
„Recht so! Schimpf mich nur richtig aus. Für mich bist du trotzdem mein Kleinchen und wenn du eine 100-jährige Kriegerin wärst“, lachte die Alchemistin schallend, „ich kenne dich, da warst du erst so groß.“ Und Ameritza zeigte eine recht kleine Spanne vom Boden bis zu ihrer Handfläche. „Ich habe dich mit aufgezogen, vor allem seit dem Tode deiner Mutter. Ohja, ich kann dich Kleinchen und auch Dummchen nennen, weil ich dich liebe, Zira.“
Eszira atmete tief durch: „Du hast recht. Ich sollte mich nicht so kindisch benehmen. Aber ich kann es nun mal nicht leiden, wenn man Dummchen zu mir sagt. Ich bin kein Kind mehr!“
„Hach, ist gut nun, Zira. Ich verspreche dir hoch und heilig, dass ich dich nicht mehr so nenne. Ich muss mich wirklich erst an den Gedanken gewöhnen, dass du nicht mehr das kleine Mädchen bist.“ Ameritza seufzte und dachte innerlich: „Man wird älter und es fällt einen selbst nicht auf. Erst an den Kindern, wenn die langsam und sicher erwachsen werden merkt man, dass man die ersten Falten im Gesicht trägt.“
Eszira lernte tagtäglich. Früh morgens war sie im Übungsraum und kämpfte mit Da-O und nach dem Mittagessen machte Ameritza sie mit den Pflanzen und deren Wirkstoffen bekannt. Aber die schönsten Stunden waren die am Nachmittag. Da hatte sie für Eshe Zeit, nur für ihn allein.
Diese Verbindung zu ihm verstärkte sich mehr und mehr, so dass sich die beiden immer besser verstanden. Zira wuchs an Eshe und Eshe an Zira. Nachmittags durchstreiften sie am liebsten das weite Grasland.
Stimmt Eshe, Kaninchen haben wir heute noch nicht gesehen. Ja, ich weiß, du willst eins reißen. Nur, so wie wir hier herumrennen, hören uns die Kaninchen schon meilenweit. Pst …
Zira duckte sich, schlich gebückt weiter. Büsche verdeckten sie. Eshe kroch, den Bauch fest auf dem Boden gedrückt vorwärts. Eszira machte eine Handbewegung, die auf Eshe zeigte und einen Bogen beschrieb. Ihre Gedanken unterstützten die Handbewegung.
Du hast mich verstanden, signalisierst du mir. Fein.
Eshe beschrieb einen weiten Bogen. Man sah die Katze nicht. Kein Grashalm bewegte sich, nur Zira wusste wo er sich befand. Sie hörte ihn – oder wie will man dazu sagen – vielleicht besser – sie fühlte Eshe.
In Gedanken gab Zira einen Angriffsbefehl. „Munduku“ dachte sie laut und deutlich. Und beide schnellten hervor. Zira hatte ihren Dolch Kantschaa gezogen und die Katze ihre Krallen ausgefahren. Die Grazielle, die sie gemeinsam belauert hatten, kam nicht mehr zu Flucht. Auf ihren Rücken saß Eshe, hatte seine Krallen rechts und links des Halses in das Fleisch des Tieres geschlagen und Eszira stach ihren Dolch in dessen Herz. Lautlos fiel es tot um.
„Goppa goppa“, jubelte Eszira und Eshe saß majestätisch auf der erlegten Grazielle.
Das haben wir aber gut gemacht. Ja, ja, ich weiß, dass du Hunger hast. Nichts da, du kannst betteln so viel du willst. Nehmen wir das Tier mit nach Hause. Geben wir es in der Küche ab und dort erhältst du deinen Anteil. Meckere nicht Eshe. Wir machen es so, wie ich entschieden habe. Du musst nicht beleidigt sein. Ich bin die Bestimmerin und niemand anders. Merk dir das für alle Ewigkeiten.
Eshe duckte sich kurz, richtete sich dann wieder auf und signalisierte grenzenloses Vertrauen zu Eszira.
Ziras Augen schwammen vor Rührung in Tränen, als sie das Vertrauen Eshes spürte. Schmetterlinge schwirrten in ihren Bauch und verstärkten in Eshe das Gefühl des gegenseitigen Zutrauens.
Thema: Re: 3 - Gefährliche Situationen Mi 9 Nov 2011 - 5:23
Ein folgenschwerer Dialog
Jonal saß stumm über dem Buch und grübelte. Er hatte sich gemütlich zwischen Naiiro’s Vorderpfoten gesetzt, den Rücken an dessen Brust gelehnt und das Buch auf seine Oberschenkel gelegt. Zwei Seiten hatte er lesen können und war nicht schlau daraus geworden.
Naiiro, der ja mit Jonal geistig verbunden war und deshalb genau dasselbe wusste, was Jonal gelesen hatte, stöhnte. „Wenn deine Gedanken nicht so verquer wären, könnte ich selber auch besser darüber nachdenken, was das bedeutet, was in der Zukunft geschieht.“
Jonal wischte mit einer Handbewegung die Bemerkung zur Seite: „Ach, dann geh doch aus meinem Kopf raus!“
„Auch gut. Ist ne prima Idee.“
Jonal musste herzhaft lachen und schaute direkt nach oben, wo er aber nur Naiiro’s schuppigen Unterkiefer sah. „Das kannst du ja sowieso nicht lassen, du Halunke.“
„Halunke??! – Hast du soeben Halunke gesagt???“ Naiiro richtete sich auf, sodass Jonal aus seiner gemütlichen Sitzposition herauspurzelte, sich wieder prustend aufrappelte und Naiiro lachend anschaute: „Ja, mein Halunke.“
„Hm ... o ... ja denn“, Naiiro räusperte sich. „Und ich dachte schon, dass es dich fertigmachen würde, dass du eines Tages Nachkommen haben wirst.“
Jonal setzte sich in einiger Entfernung, wo er Naiiro in die Augen schauen konnte, wieder hin, schaute dann zu Boden und zupfte einen Grashalm aus. „Das ich welche haben werde, ist nicht das Problem. Sondern das Wie.“
„O ... Hm ... dann hast du die Sache mit den Bienen nicht verstanden?“
„N A I I R O ! – Sei mal ernst bitte!“
„Nagut, aber ungern.“ Naiiro legte den Kopf schief, kroch dann zögerlich etwas näher und legte seinen Kopf direkt vor Jonals Füße. „Und du bist dir sicher, dass Na’i Nein sagen würde?“
Jonal schüttelte den Kopf. „Ich denke, irgendwie wird es schon klappen. Nur ich kann nicht so weit in die Zukunft schaun, Naiiro. Das sind schließlich einhundert Generationen! Weißt du, ob das, was in dem Buch steht, nicht gerade heute passiert?“
Naiiro hob seinen Kopf wieder. „Nö. Aber interessante Frage. Lies doch die Verse nochmal durch. Aber bitte laut, damit ich auch laut mitdenken kann.“
Jonal schlug das Buch der Legenden wieder auf und suchte die Stelle mit dem Gedicht. „Also, der Anfang ist klar: Lieber Freund, der du dies hier wirst lesen, sei gegenwärtigt, dass du handeln musst. Zu Zeiten wird kommen das schwarze Wesen, will unterjochen alles ganz bewusst. Das hatten wir schon öfter. Das letzte Mal mit Metrex. Soweit einverstanden?“
„Mmh. Wobei ich denke, dass hier ein neues schwarzes Wesen gemeint ist, nämlich Ahriman.“
„Du meinst, dass dieser Ahriman tatsächlich Silberglanz entführt hat?“ Jonal blätterte in dem Buch hin und her. Aber die blaue Schrift war wieder verschwunden. Und noch einmal Naiiro’s Feuerstrahl einsetzen traute er sich nicht. „Hier steht: Wenn der Elbe einst verschwunden ist und der Himmel sich verdunkelt bald, dann hast du nur die Gnadenfrist, sonst wird die Erd’ gemacht ganz kalt. Verschwunden ist Silberglanz ja, aber verdunkelt hat sich die Erde deswegen nicht.“
„Könnte das nicht auch heißen, dass sich woanders die Erde verdunkelt? Dort, wo Silberglanz jetzt ist?“
„Und womit sollte sich die Erde verdunkeln? Das muss dann ja schon eine riesige Gefahr sein, wenn die Erde danach kalt gemacht wird!“
„Denke nach, was ich dir schon mal gesagt habe: Ahriman ist der Herr der schwarzen Drachen!“
Jonal stutzte und staunte gleichzeitig: „Der Himmel verdunkelt sich von einer Armee aus schwarzen Drachen ... boah!“
Naiiro spann den Faden weiter: „Die Frage ist nur, ob in der Vergangenheit oder der Zukunft. Wenn es in der Vergangenheit gewesen wäre, wüssten wir es. Genauso mit der Gegenwart: Es hat sich nichts verdunkelt, außer es wäre in einer unbekannten Welt. Aber das wäre wieder Blödsinn wegen Silberglanz. Bleibt nur noch ...“
„... die Zukunft!“ Jonal schaute Naiiro entsetzt an. „Meine Nachkommen“, rief er verstört aus und schüttelte dabei den Kopf. „Die, die ich noch nicht mal geplant habe! Sag mal, wie ist denn sowas möglich??!!“
„Meine Theorie von mehreren Dimensionen der Zeit. Und dann passt das Gedicht auch wieder zu der anderen Geschichte und Prophezeiung. - Wir müssen sofort zu Ronel und Minto. Die Thora haben immer Ideen!“
Hastig packte Jonal das Buch wieder ein und kletterte blitzschnell auf Naiiro’s Rücken. „Auf. Lass uns keine Zeit verschwenden!“
Naiiro breitete seine Flügel aus, stieß sich vom Boden ab und war Sekunden später in den Wolken verschwunden.
Eszira Gast - Nicht mehr aktiv
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Thema: Re: 3 - Gefährliche Situationen Sa 12 Nov 2011 - 4:12
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Und wieder begann ein neuer Tag. Er war wie alle vorher auch. Zira ging in den Übungsraum. Dieses Mal wollte sie aber mit dem Glaymor das Tschan-Tschie üben. Mit den Dolchen konnte das jeder, aber mit dem großen Zweihänder – das war wirklich eine Kunst. Sie wog das Schwert in ihren Händen, suchte den günstigsten Punkt zum Anfassen und begann. Sie schwang das Claymore in großen Kreisen, erst links, dann rechts von ihrem Körper, beschrieb das Unendlich-Zeichen … Angriff … Blocken … Konter … und Stich …
„Eszira, das Blocken solltest du üben! Gibt dir keine Blöße.“ Meister Da-O war eingetreten und beobachtete, wie Zira das Schwert schwang.
Es ist wirklich kaum zu glauben, wie diese doch etwas grobschlächtige Wesen ihre Waffen so elegant beherrschen. Das steht sie nun, die junge Amazone, kraftvoll und doch fast zierlich-leicht schwingt sie diesen Zweihänder. Es scheint ihr keine Mühe zu bereiten, so sieht es zumindest aus, so spielerisch …, ging es Da-O durch den Kopf. Wenn sie nur nicht dieses Biest immer mitbrächte. Was denkt sie sich nur. Ein Gebüsch auf vier Pfoten und dann noch mit Dornen, wie ein wilder Strauch, den man nicht anrühren sollte. Ein wildes Tier, was Menschen töten kann und schon getötet hat. Kennt sie nicht alle Geschichten über die Plantakatzen? Pst, Da-O rief sich zur Ordnung, das Biest kann spüren, wenn ich schlecht vom ihm denke. Verdammt noch mal. Was soll das alles. Pst, Da-O, die Bestie wird dich noch einmal zerreißen. Sie ist schon ganz schön groß geworden in der kurzen Zeit. Auch ein erstaunliches Phänomen. Wieso wächst das Untier so schnell. Ist es etwa verzaubert? Das würde zu den Goschuren passen. Ich muss aufpassen. Das Vieh schaut mich ganz misstrauisch an. Grollt es schon ein bischen? Ich glaub nicht. Oh Gott, die Goschuren ... Ja, ja, ich mag sie, die Goschuren, aber irgendwie sind sie doch etwas sonderbar. Und Zira beweist es eindeutig. Das dämliche Vieh, wie ich es hasse. Pst, Da-O, reiss dich zusammen, sonst endest du wirklich noch im Rachen des Tieres. Eshe. Hat dem Biest auch noch einen Namen gegeben …
„Eszira, aufpassen! Jawohl, blocken, angreifen und ein fester Stoß nach vorn. So wird das etwas.“
Die Tür öffnete sich und Aschoko ter Tsarandul, Ziras Vater, kam herein. „Eszira, heute Abend haben wir ein paar Gäste im Haus. Komm doch mit in die Halle. Wo du jetzt Kriegerin bist, solltest du auch mit Kriegern feiern“, rief er seiner Tochter zu, drehte sich um und ging wieder.
Der Nachmittag verging sehr schnell. Zwischen Ringelblumen, Nachtschattenwurzeln und Santanablütenblättern, dem Herumbalgen mit Eshe. Die Sonne ging viel zu schnell unter, schickte ihre letzten Sonnenstrahlen auf den Tschalakalobaum und auf die Halle derer zu Tsarandul. Eszira legte ihren grünsamtenen Umhang über ihre Schultern. Darunter trug sie einen hautengen Dress in Silber und Schwarz. In der Halle des Vaters ging es schon hoch her.
„Da ist sie ja endlich, dein Stolz, Aschoko“, hörte Eszira einen alten Goschuren dröhnen. Wer konnte das anders sein als ihr Onkel Takso. Zira begrüßte die alten Kämpen der Reihe nach, ließ sich über ihren Kampf ausfragen, hörte Geschichten über Plantakatzen und verwunderte Ausrufe, dass sie eine habe …
„Wie die alten Kämpen von früher in den alten Geschichten“, rief Takso aus.
Sie setzten sich an den Tisch, die Sopsisweinkelche machten die Runde …
„Brüder, Kampfgefährten, lasst kreisen die Becher, lasst kreisen den Kelch …“
sangen sie lauthals und falsch. Eszira mittendrin. Sie tranken, sie schmausten. Zira fühlte sich sehr wohl unter den alten Kämpfern.
"Hört Leute", meldete sich der Recke Kostja zu Wort, "kennt ihr den schon?
Ein Ehepaar steht an einem Wunschbrunnen. Der Mann beugt sich über den Rand, wirft eine Münze ins Wasser und wünscht sich etwas. Dann beugt sich seine Frau vor, allerdings etwas zu weit. Sie fällt hinein. Der Mann ganz erstaunt: "Unglaublich, das funktioniert tatsächlich!“
Dröhnendes Gelächter aus vielen Kehlen antwortete ihn. „Ja, Kostja, den kennen wir schon, der ist aber gut“, rief einer aus der Runde.
Der Abend ging langsam zu Ende. Die Gäste brachen auf mit vielen guten Wünschen.
„Na Zira, war das nicht ein schönes Fest?“ „Stimmt Vater“, antwortete sie schmunzelnd.
„Schau her, meine Tochter. Ich habe noch etwas für dich. Hier, das Buch.“ Er legte Zira ein dickes in Leder gebundenes Buch in die Hände. Mit Goldschrift stand darauf: Yokka kranikal Goschura.
„Yokka kranikal Goschura? Die Chroniken von Goschura? Vater? Ist alles in dieser uralten Schrift geschrieben? Du weißt, ich beherrsche diese alte Sprache nicht so sehr gut, eben nur so - zum hausgebrauch. „
„Vieles ist in der Sprache unserer Ururahnen gehalten. Das Buch wurde vor langer, langer Zeit begonnen, zu schreiben. Es gehört unserer Familie und erzählt unsere Geschichte. Manches ist schon in unsere neue Sprache übersetzt worden. Du wirst es schon lesen können.“
„Was finde ich dort drinnen, Vater“, fragte Eszira.
„Alles über unser Land. Bekanntes und Geheimnisvolles. Von den Hügeln der Helden … vom Nachtwald …“
„Auch die Legende von der unheimlichen, verwunschenen Höhle, die ein uraltes, mächtiges Schwert beherbergen soll?“
„Eine Legende, Eszira? Es könnte auch Wahrheit sein. Der Nachtwald ist von Geistern und Ferengar bevölkert.“
„Ah Püh, Vater! Geister! Ferengar, das will ich glauben. Diese Biester sollen ja dort leben, obwohl sie kaum jemand je gesehen haben will.“
„Lies im Buch, meine Tochter. Lies mit offenen Sinnen. Es ist nicht alles Legende. Vieles ist so wahr, wie ich jetzt vor dir stehe. Und ich glaube fest daran, dass es dieses sagenumwobene Schwert wirklich gibt.“
Gedankenvoll blätterte Eszira im Buch. Idi okappudu … Es war einmal … so begannen die Worte im Buch.
Märchen nichts als Märchen. Was gibt mir der Vater da für einen Müll. Ich will keine Märchen, ich brauche keine Märchen. Aber .. vielleicht sind es doch keine? Ich will alles überschlafen. Morgen geht wieder die Sonne auf.
Eszira verließ den Raum, ging in ihr Zimmer, knuffte noch einmal liebevoll Eshe, der fast wie ein kleines Kätzchen schnurrte, aber auch nur fast. Plantakatzen schnurren nicht, Plantakatzen grollen. Dann legte sich Zira in ihre Bett und schlief schnell ein.
***
Gast Gast
Thema: Wo ist was und wer ist wer ?! Mo 14 Nov 2011 - 8:43
Schreiber Silas: Wo ist was und wer ist wer ?!
Kira lehnt sich an das vollgestopfte Bücherregal und wartet darauf, dass ich zuende getippt habe. So langsam wird mir die Geschichte etwas zu unheimlich, weil ich, obwohl ich alles aufschreibe, tatsächlich nicht weiß, wo ich mich momentan befinde. Ich meine natürlich Kira. Wo der sich befindet. Gut, ich habe es ja gerade eben geschrieben, dass er geflohen ist. Aber da sind noch sooo viele Fragen offen.
Als ich aufblicke, sehe ich, dass Kira mich frech angrinst. „Na, hast du alles so geschrieben, wie ich es dir erzählt habe?“
Ich räuspere mich. „Nunja, ich habe es natürlich etwas, um es vorsichtig auszudrücken, umgebaut. Verstehst? So, dass man es besser lesen kann. Aus dem, was du da so bruchstückmäßig von dir gibst, kann man ja nur ne Tabelle oder ne Aufzählung machen, aber keine Geschichte schreiben.“
„Dann lass mich mal lesen“, verlangt er. Ich stehe auf und lasse ihn an den Computer. Und während er mein Geschreibsel liest, gehen mir so einige Gedanken durch den Kopf:
Punkt Eins. Wenn dieser Elbe, also dieser Silberglanz, in dem Kristall ist und dieser Kristall das Amulett darstellt, was Kira in seiner Hosentasche hat, dann ist Kira ja eigentlich in sich selber gefangen gewesen. Oder? – Omeingott, wie war das noch mal gleich mit Einstein? – Eine andere Erklärung wäre, wenn ihm dieser Ahriman das Amulett abgenommen hätte. Das wäre einfacher und man bräuchte Einstein nicht zu fragen.
Punkt Zwei. Wenn er so plötzlich aus dem Kristall raus konnte, wo ist er dann jetzt? Wieder in der Allee? - Und verdammt: Wo ist dieser Kristall und die bescheuerte Allee???
„Du siehst so nachdenkverärgerlich aus“, unterbricht Kira meine wirren Gedankengänge.
Ich seufze erleichtert, schaue ihn an und eine Frage flutscht mir ohne mein Zutun einfach so von den Lippen: „Wer bist du wirklich?“
Kira schaut mich verdutzt an und lacht: „Ja, was denkst du denn, wer ich bin? Wie kommst du denn auf diese Frage?“
„Weil ich über das Amulett nachgedacht habe. Denn du kannst ja nicht in dem Amulett sein und es gleichzeitig in der Tasche haben.“
Kira schmunzelt. Dann wird er geheimnisvoll und beugt sich zu mir vor: „Das ist ja eben das Geniale an Ahriman, was ich dir erzählte“, flüstert er. „Dein Schreibprogramm“ er zeigt auf den Computer „macht doch jedesmal Sicherungskopien, oder nicht?“
Als ich nicke, fährt er im Verschwörerton fort: „Und genau das hat Ahriman gemacht. Ich war also irgendwo, genau dort, oder nirgendwo. In irgendeiner Kopie, je nachdem, wie es Ahriman passte. Er ist nämlich auch der Beherrscher der Zeit, verstehste? Da kommt der Ewigkeitsgedanke ins Spiel.“
Ich raufe mir die Haare. Ewigkeitsgedanken, Kristallpalast, Elben, Zeitbeherrscher ... also doch wieder Einstein. „Und wo ist jetzt das richtige Amulett? Dieses Medaillon, wo Silbererz drin steckt und du gesteckt hast?“
„Silberglanz“, berichtigt er mich. „Das sind zwei unterschiedliche Orte, die er miteinander vereinigt hat. Ich erklär es dir. Setz dich mal wieder hin und schreib mit...“
Eszira Gast - Nicht mehr aktiv
Anzahl der Beiträge : 58 Anmeldedatum : 23.09.11 Alter : 74
Thema: Re: 3 - Gefährliche Situationen Di 29 Nov 2011 - 5:58
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Der neue Tag weckte Eszira mit Donnergrollen. Sie reckte und streckte sich, knuffte Eshe in die Seite, der einen nicht ganz so liebevollen Gedanken an Zira absandte.
„Na sei nicht gleich beleidigt, vierbeiniges Gebüsch“, kicherte sie. War doch nicht bös gemeint. „Du willst doch nicht etwa Streit mit mir beginnen.“
Ein grollen ging durch den Katzenkörper. „Na lass mal, Eshe, unter Freunden kann es schon mal einen Knuff geben. Du bist doch kein Schoßtierchen. Oder?“
Zira musste lauter lachen. Eshe schickte ihr einen beleidigten Gedanken herüber.
„Beleidigt bist du also? Hab dich nicht so. Vielleicht bist du doch ein zartbesaitetes Schoßkätzchen.“ Eszira schüttete sich vor Lachen aus, da immer noch schmollende Gedanken zu ihr herüber zogen. „Schluss, Eshe, übertreib es nicht. Sei ein Kampfkatze.“ Zira verbiss sich einen neuen Lachanfall. „Und heute stör mich nicht. Geh nach draußen, fang dir ein paar Kaninchen oder auch nicht. Ich will das Buch lesen.
Sie sprang von ihrem Bett auf. Draußen trommelte der Regen an das Fenster, Blitze zuckten über den Himmel, der Donnergott schwang kräftig seinen Hammer. „Hast dir wohl ein Beispiel am Donnergott genommen, Eshe? Willst auch so grollen?“ Fast meinte Zira, ein abfälliges Wort von ihrer Katze vernommen zu haben, die mit stolz erhobenem Kopf aus dem Zimmer marschierte. Eszira wusch sich, wuschelte ihren Haarkamm in Form und legte sich auf den kuscheligen Teppich in der Zimmermitte und schlug das Generationenbuch auf.
„Also, es war einmal … Vor langer, langer Zeit, auf Goshura wimmelte es nur so von Helden und Heldinnen, da gab es einen Recken … Zira vertiefte sich in die Geschichte. Hier las sie die Geschichte der Gemeinschaft der Goshura mit den Plantakatzen, bis eben dieser Recke alles vermasselte.
Sie blätterte weiter in dem Buch, las sich fest und dann kam es. Sie las von einer Höhle. Das Buchkapitel begann:
Tief im Nachtwald, dort wo er am dunkelsten ist, liegt eine Höhle. Der Eingang ist zwischen Felsen verborgen und dicke bemooste Wurzeln umschlingen die Steinbrocken. Dort – gerade dort – ist der Eingang zur Schwerthöhle. Hikers, jagrattaga undandi, Wanderer sei vorsichtig! Du kannst nicht einfach in das Herz der Höhle gelangen. Du musst den Fluss Minci, den Fluss des Jenseits überqueren. Geister spielen über den Wassern und du weißt nicht einmal, ob das Wasser wirklich Wasser ist. Es ist tief, sehr tief und unergründlich. Leuchtet es grün oder blau oder schwarz, keiner weiß das so genau. Darüber ist ein Leuchten, ein feuriges Leuchten. Woher es kommt? Wer soll das wissen. Was dort leuchtet, ist ein Geheimnis. Kommst du beidem zu Nahe, wirst du den nächsten Tag nicht mehr erleben … die nächste Stunde wirst du nicht mehr erleben. Du musst ein Zauberwort finden, damit ein Pfad über den Jenseitsfluss erscheint. Stimme die Geister über dem Fluss gnädig. Der Pfad führt immer weiter. Die Höhle scheint zu atmen und zu stöhnen, wenn du in das Innere vordringst. Wessen Haarkamm vor Furcht sich kräuselt, der ist verloren, der wird von der Höhle verschlungen. Du musst weiter gehen bis zu dem geschnitzten Cekka get, dem Holztor. In diesem Tor wirst du Vertiefungen sehen und einen Spruch in unserer alten Sprache. Löse das Worträtsel und das Tor wird sich öffnen. Du wirst eine Höhle sehen, die zu glühen scheint. Geh hinein, habe keine Angst. Sie ist nicht heiß. Im hinteren Teil auf einem Quader, wirst du es finden: Das Lebensschwert. Es leuchtet rötlich aus dem Inneren, als ob es aus Flammen geschmiedet wäre. Feine Buchstaben bilden das Motto des Schwertes „Nenu jivitam raksincukodanike - nenu campadaniki untam“.
Aufgeregt hielt Zira fast den Atem an. „Ich schütze Leben – ich töte“, lautete die Inschrift in heutiger Sprache. Also ist es doch wahr, dass es ein mächtiges Schwert gibt. Sie las weiter. Fürchte dich nicht, greif beherzt zu und das Schwert wird dir dienen. Es ist kein gewöhnliches Schwert. Immer wenn du dein Leben oder das Leben anderer verteidigen musst, wird es dir zusätzliche Kraft geben. Und wenn du das Leben deines Feindes genommen hast, wird ein Teil der verfluchten Seele des Feindes in dir übergehen und dir mehr Stärke geben. Aber hüte dich, wenn du es in böser Absicht einsetzest, wird es seinen Dienst verweigern und du wirst meinen, du hättest ein stumpfes Holzschwert in deinen Händen. Hüte dich. Jagrattapadu. Seine leuchtende Klinge wird dann stumpf aussehen. Jagrattapadu – Hüte dich.
Zira hatte nicht bemerkt, dass Ameritza eingetreten war.
„Kind, was machst du, liegst hier herum und liest in diesem alten Buch. Wollten wir nicht Alchemie betreiben?“
Verwirrt schaute Eszira auf, ihr war es, als ob sie aus einer anderen Welt auftauchte.
„Ameritza, hast du schon vom Schwert des Lebens gehört?“
„Laiph katti, das Schwert des Lebens“, wiederholte Ameritza. „Sicherlich meine Liebe. Es existiert wirklich. Wer es holen will, muss sehr tapfer sein. Wenn ich dich so ansehe, könntest du diejenige sein, die das Schwert für sich gewinnen könnte. Schließlich hast du eine Plantakatze als deinen Gefährten.“
„Ist denn das wichtig?“
Ameritza setze sich mit gekreuzten Beinen neben Zira auf den Teppich und raunte ihr leise zu: „Hast du nicht gelesen, dass du nicht allein kommen solltest? Dass du einen Gefährten dabei haben musst? Der Gefährte muss eine Plantakatze sein, sonst wäre dein Weg vergebens und das einzige was du dort in der Schwerthöhle fändest, wäre der Tod.“
„Ui, Ameritza, das habe ich aber nicht in diesem Buch gelesen.“
„Vielleicht steht es auch nicht drinnen. Aber wir weisen Frauen wissen dieses kleine, wichtige Detail. Und steht im Buch drinnen, dass du einen Rauschebeerensaft mitnehmen solltest?“
Zira schüttelte betreten den Kopf: „Hab ich nichts davon gelesen.“
„Ts, ts, ts, ts“, kam es von spitzen Lippen aus Ameritzas Mund, „das Buch ist aber nachlässig.“
„Rauschebeerensaft?“
„Tja, das ist so ein süßer, vortrefflicher Saft. Alle können davon trinken, auch Geister komischerweise. Und wenn du ihn trinkst, wirst du ein Hochgefühl erleben, dass du meinst, du könntest fliegen. Ich werde dir zeigen, wie man ihn herstellen kann.“
„Puh, na dann los Ameritza. Das Schwert wartet auf mich“, grinste Zira.
Zuletzt von Eszira am Di 29 Nov 2011 - 22:16 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
Thema: Re: 3 - Gefährliche Situationen Di 29 Nov 2011 - 9:14
Der zweite Teil der Prophezeiung
Schweigend überflogen sie den Sumpf und landeten in einiger Entfernung vor Ronels Smial. Jonal stieg von Naiiro’s Rücken und umrundete die Wohnung des Thora. Aber nirgends konnte er ein Lebenszeichen entdecken, obwohl ganz dünner Rauch aus dem Schornstein kringelte.
„Die sind unterwegs“, vermutete Naiiro, als Jonal nach der Umrundung des Smial die Schultern zuckte. „Wir sollten auf ihn warten und uns an die Übersetzung der weiteren Teile wagen.“
„Gute Idee“, bestätigte Jonal und holte das Buch der Legenden aus der Satteltasche. Dabei musste er unwillkürlich schmunzeln, denn den kleinen Sattel benötigte er schon seit Jahren nicht mehr. Viel lieber saß er absolut frei auf Naiiro’s Rücken und hielt sich notfalls an dessen Halskrause fest, was schon oft zu lustigen Streitgesprächen geführt hatte, denn die Halskrause war Naiiro’s ganzer Stolz. Aber die großen Taschen zu beiden Seiten des überflüssigen Sattels wurden sehr oft als Transportmittel benutzt, wie in diesem Fall für das Buch der Legenden.
Naiiro legte sich nicht weit von Ronel’s Smial auf den weichen Rasen nieder und Jonal setzte sich mit dem Buch zwischen seine gewaltigen Vorderpfoten und lehnte sich an Naiiro’s Brust. Dann öffnete er wieder das Buch und las Satz für Satz vor.
„Das Amulett ist wieder hie, das heißt sicher, dass das Amulett, was Ronel und Minto damals vernichtet haben, wieder zurück gekehrt ist, oder? Aber den nächsten Satz verstehe ich nicht: und ist das Hafthaus des Elben nur. Was kann das bedeuten?“
„Hm“, überlegte Naiiro. „Statt Hafthaus könnte man auch Gefängnis sagen. Oder ein Raum, in dem jemand inhaftiert ist.“
„Gefängnis für Silberglanz???“ Jonal schaute ungläubig nach oben, obwohl er nur Naiiro’s Kinn sehen konnte. „Dann müsste entweder das Amulett riesig geworden sein, oder Silberglanz ein Winzling.“
„Ja, warum nicht! Mir stellt sich jetzt die Frage, wo so etwas versteckt werden kann. Lies mal weiter, vielleicht sagen die anderen Zeilen ja etwas aus.“
Jonal blätterte eine Seite weiter: „Doch Ahriman hat die Originalkopie - raffiniert versteckt in der Natur.“
„Da haben wir’s ja schon: Hier irgendwo auf Almoria steckt inmitten von Wäldern oder Steppen das Amulett in riesiger Form.“
Jonal legte das Buch zur Seite und stand auf. Dann wanderte er aufgeregt hin und her. „Toll“, schimpfte er vor sich hin, „da haben wir ja nur tausende von Hügel, Berge und sonstige Erhebungen.“ Er schaute Naiiro an. „Du weißt selber, wie weit wir beide Almoria schon erforscht haben. Oben im Norden von Sedanien und der Khentorei, weiter unten Thoranien. Und ein Stück der Gegend dieser anderen Völker, die sich Goschuren nennen, haben wir auch von oben gesehen. Sag mir bitte: wo sollen wir anfangen zu suchen!!!“
Naiiro senkte den Kopf. „Das weiß ich auch nicht.“ Dann schaute er Jonal wieder an. „Aber ich weiß, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ Naiiro legte den Kopf schief und zog eine Grimasse, soweit man das bei Drachen überhaupt erkennen kann. „Das blödste wäre es, wenn sich alles in einer anderen Zeit abspielen würde.“
Jonal zuckte zusammen und schaute Naiiro grimmig an. „Nun mach es bloß nicht noch komplizierter, als es schon ist!“
Naiiro schwieg eine Weile. Dann meinte er: „Und was machen wir jetzt?“
Jonal lachte auf: „Eigentlich war das bisher immer meine Frage und du sagst, was wir tun.“
Naiiro legte seinen Kopf zwischen seine Pfoten und seufzte ganz tief. „Da kannste mal sehn. Ich weiß nämlich überhaupt nicht mehr, was zu tun ist. Und ich habe auch keinen blassen Schimmer.“ Dann schaute er Jonal aus den Augenwinkeln heraus an: „Du könntest mich mal wieder etwas kraulen.“
Jonal schmunzelte: „Wo soll ich dich denn kraulen? Du bist aus dem Alter raus, wo ich noch mit dir schmusen konnte. Heute hast du überall Hornplatten.“
„Nicht überall. Hinter den Ohren zum Beispiel nicht.“
„Bei deiner Halskrause?“
„Ja bitte.“
„Nagut. Aber dann fliegen wir zu den Khentorei. Ich will wissen, ob Na’i wieder eine Vision gehabt hat.“
Naiiro seufzte zufrieden und knurrte genüsslich sanft, als Jonal ihn hinter den Ohren kraulte. Und als Jonal dachte: „Wie ein kleines Kätzchen schnurrt er“, wusste er auch schon im gleichen Augenblick, dass Naiiro seine Gedanken wie immer empfangen hatte. Aber der war ganz Gentlemen und genoss es, zu schweigen und das Kraulen zu genießen.
Gast Gast
Thema: Im Niemandsland verschollen? Do 1 Dez 2011 - 0:07
Kira: Im Niemandsland verschollen?
Kraftvoll schlug Kira die Tür seines Gefängnisses zu und atmete erleichtert auf. Er war entkommen. Aber gleich wieder schreckte er zusammen: er hatte Silberglanz zurück gelassen. Ironie des Schicksals? Keineswegs. Denn Silberglanz war sein Freund. Und einen Freund ließ man nicht einfach so alleine. Kira drehte sich um und suchte wieder die Tür, wodurch er soeben entflohen war. Aber – da war nichts. Keine Tür, nicht mal ein Kratzer. Kira schoss es kalt in die Glieder: War er statt der Flucht in die Freiheit in ein weiteres größeres Gefängnis geraten? Kira zwang sich zur Ruhe und dachte nach: Wenn er sich jetzt umdrehte und durch das goldene Tor schritt, wo er auch von der Allee her hereingekommen war, dann müsste er jetzt eigentlich auf der Allee des Schreckens stehen - mit seinen unzähligen finsteren Statuen, die jederzeit auf Befehl Ahriman’s lebendig werden konnten. Also: Wer nicht wagt, der gewinnt auch nicht.
Langsam drehte Kira sich um, durchschritt vorsichtig das goldene Tor und ... erstarrte. Vor ihm erstreckte sich ein graues Nichts. Keine Allee, keine Statuen. Nur ein undefinierbares graues Nichts.
Dann begann sich der Himmel zu verändern. Und mit ihm die Umgebung. Es fing damit an, dass ein kleiner runder Regenbogen erschien, wo normalerweise kein Regenbogen in Ermangelung von Feuchtigkeit entstehen konnte. Kira schaute nach oben, wo sich die Farben immer mehr ausdehnten und sich in allen erdenklichen Variationen miteinander vermischten. Der Regenbogen war nicht mehr. Jetzt erstrahlte der Himmel in allen möglichen Farben und Kira erkannte, dass er sich nur blau vorzustellen brauchte und die Stelle am Firmament erschien dort blau, wohin er gerade schaute.
Die Luft um ihn herum veränderte sich. Zuerst unmerklich, dann immer schneller. Sie wurde ebenfalls farbig, rund um ihn herum. Die Farben wurden so kräftig, dass Kira zuletzt nicht mehr wusste, was links und rechts, was oben und unten war. Er fing an, zu schweben – inmitten all der Farben, die sich langsam in seinen Sinnen festsetzten. Dann sah er plötzlich Gegenstände. Sie flogen durch die Luft. An ihm vorbei und durch ihn durch, als wäre er gar nicht existent.
Ein goldener Drache flog vorbei. Mit einem Reiter. Er wurde verfolgt von einem Einhorn und einer grünen Katze. Diese wurden wieder verfolgt von Ronel und Minto mit Falten im Gesicht und einem reptilienartigen Wesen. Dann flogen alle durcheinander und ein stattlicher Steppenkrieger erschien, der mit einem Speer mehrere schwarze Katzen erlegte. Ein Buch zischte haarscharf an seinem linken Ohr vorbei und Kira spürte deutlich den Lufthauch und kurz danach den Knall, als dieses Buch in einen alten Turm krachte. Das Reptilienwesen erschien wieder und sprach mit dem goldenen Drachen, während gleichzeitig der vorherige Reiter des Drachens schreiend durch eine Wüste lief und von einer wilden Horde silbergepanzerten Krieger aufgehalten wurde. Das Buch sauste zum zweiten Mal an seinem Ohr vorbei. Diesmal am rechten. Dann hörte Kira den Schrei, als das Buch mit voller Wucht die grüne Katze traf. Weiß gekleidete Elben kämpfen an der Seite von Ronel und Minto gegen mehrere Dutzend schwarzer Katzen. Die aus der Allee. Ein goldener Drache kämpfte mit einem Einhorn zusammen gegen schwarze scheußliche Kreaturen, die ebenfalls aus der Allee des Schreckens kamen.
Schwarze Drachen tauchten auf. Silberglanz mittendrin. Die schwarzen Drachen überflogen seine Stadt. Eine riesige schwarze Wolke des Todes, die Kira’s Zuhause verbrannte. Dann sah er Silberglanz in einem Kristall gefangen. Der Kristall verdichtete sich. Er wurde zu einem Amulett. Einem Amulett in Riesengröße. - Unwillkürlich steckte Kira eine Hand in seine Hosentasche und ertastete das Amulett. Die Annahme Silberglanz’, das Amulett befände sich in Ahriman’s Besitz, stimmte also nicht. Aber er spürte die Macht, die von dem Amulett ausging und ihm alle diese Bilder vorgaukelte. Bilder von Vergangenheit, Gegenwart und einer durcheinander geratenen Phantasie. Lag hier das Geheimnis der Zukunft verborgen?
Urplötzlich war das Farbenspiel zu Ende. Als wenn sein letzter Gedankengang der Entscheidende gewesen war, sah Kira von einem Moment auf den anderen einen blauen Himmel über sich, schneeweiße Wolken unter sich und dazu das beängstigende Gefühl, ins Bodenlose zu fallen.
Er schrie auf. Ein langer Schrei des Entsetzens entwich seiner Kehle, um mit einem lauten „Ups“, verbunden mit einem heftigen Schmerz in der gesamten Rückengegend, zu enden.
Kira schlug die Augen auf und schaute in das verdutzte Gesicht des Riesen Tymir, der ebenfalls „Ups“ machte, weil er soeben die Arme ausgestreckt hatte, um die große Mauer auf der Seite von Thoranien zu erklimmen, und plötzlich Kira darin liegen sah.
Ronel und Minto standen ebenfalls staunend um ihn herum und Minto fand seine Sprache als erster wieder: „Kira!!! Wo kommst du denn auf einmal her???“
Tymir ließ Kira umständlich herunter und Kira streckte sich erst einmal und rieb seine schmerzenden Glieder. „Das erzähle ich euch später. Zuerst ist wichtig, dass wir die Drachen und die schwarzen Katzen aufhalten. Und nicht nur hier, sondern vor allem in der Vergangenheit!“
Ronel Meister
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Ronel deutete ebenfalls eine Verbeugung an schaute sich sein Gegenüber genau an. Der fremde Reiter war ganz in hellem Leder gekleidet mit engansitzenden Leggins, flachen aber kräftigen Mokassins, wobei er über seiner sonst nackten muskulösen Brust eine mit dichtem Fell besetzte Weste trug. Lange schwarze Haare, die er gebunden über den Rücken fallen ließ, vollendeten das Bild eines Kriegers der Steppe. Das gewaltige grauweiße Reittier des Fremden erregte ebenfalls Ronels Aufmerksamkeit. Denn mitten auf der Stirn befand sich ein geschwungenes und spitz zulaufendes silbernes Horn.
Endlich fasste Ronel sich ein Herz und fragte zaghaft: „Danke, dass du uns geholfen hast. Aber ... wer bist du?“ Noch ehe der Fremde antworten konnte, kam Hauptmann Felsenrau mit Riesenschritten auf sie zugeeilt und stellte genau dieselbe Frage. „Mein Name ist Mor’anh“, antwortete Mor’anh. „Ich bin ein Khentorei vom Stamm der Alnei, der Wölfe. Mir scheint, da bin ich gerade noch rechtzeitig gekommen. – Was waren das für Biester? Sahen ja aus wie riesige Katzen, waren aber sicher keine.“ „Das waren Kreaturen der Hölle“, meinte Hauptmann Felsenrau. „Habt ihr gesehen, wie die sich aufgelöst haben?“ „Ja“, murmelte Ronel und öffnete seine Hand. „Das ist das, was von denen übrig geblieben ist.“ Minto nahm einige Körner zwischen Daumen und Zeigefinger und zerrieb den feinen Sand. „Und der ist nicht von hier“, ergänzte er. „So einen Sand gibt es in ganz Thoranien nicht.“ Hauptmann Felsenrau schüttelte den Kopf. „Das können wir nachher noch besprechen. Unser Gast kommt von weit her und hat bestimmt Hunger. Kommt Männer, zurück zum Turm.“ Mor’anh hörte es in seinem Magen grummeln und lächelte dem Hauptmann der Elben freundlich an. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, machten sie sich auf den Weg.
Mor'anh Im Volk aufgenommen
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Mor’anh fühlte sich erheblich besser, als er nach der Einladung des Elbenhauptmanns seinen Hunger gestillt hatte. Das Mahl war gut und reichlich gewesen. Zwar nicht so scharf gewürzt, wie es die Alnei gerne mochten, aber sehr pikant und eher dazu geeignet, nach einem anstrengenden Kampf seine Energien wieder aufzuladen.
Als er seine Finger in der Wasserschale gereinigt hatte, wandte er sich an Ronel: „Herr Ronel. Ihr müsst der weise Thora sein, von dem Jonal mir schon oft erzählt hat. Er hat an unseren Lagerfeuern eure gemeinsamen Abenteuer so spannend beschrieben, dass wir jungen Krieger immer ganz gespannt auf die Fortsetzungen waren.“
Als Ronel lächelnd nickte, fuhr Mor’anh fort: „Ich war eigentlich auf dem Weg zu Jonal, weil ich ihm bei der Suche nach Silberglanz helfen wollte. Er wollte vorher noch zu Ihnen und Sie nach dem Buch der Legenden und Prophezeiungen fragen. Er meinte, dass da drin die Lösung stecken würde. Und meine Schwester Na’i, die hellseherische Fähigkeiten hat, sprach nach ihren Visionen mehrmals von schwarzen Drachen und sonstigem Ungetier in fernen Ländern. – Herr Ronel, können Sie sich daraus einen Reim machen? Auch was den Sand betrifft, der nach dem Tod der schwarzen Bestien übrig blieb?“
Eszira Gast - Nicht mehr aktiv
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Tage verstrichen, Wochen verstrichen … Eszira stand im Übungssaal. Meister Da-O kämpfte mit ihr. Sie wurde von Tag zu Tag, von Woche zu Woche besser in der Handhabung des Claymore. Ihre Arme wurden muskulöser und ihr taktisches Verständnis wuchs.
Rechts … links … blocken … kräftiger Stoß nach vorn.
An den Nachmittagen braute sie mit Ameritza Tränke, rührte Salben, suchte Kräuter. „Bin ich nun schon eine Kräuterhexe“, fragte sie kichernd Ameritza. „Fast, meine Liebe fast“, erwiderte diese mit einem Augenzwinkern.
Eshe war gewachsen und mit Eszira immer fester verbunden. Beide verstanden sich aufs Wort – irgendwie – auch ohne Worte.
Abends las Zira im Buch der Generationen, immer wieder und wieder …
„Du Eshe, ich glaube, wir beide versauern hier. Ich lese von diesem fantastischen Schwert. Ich will es unbedingt besitzen. - Es ist noch nicht so weit aufzubrechen, meinst du? Du wartest noch auf ein Zeichen? Ach komm Eshe … Zeichen … was erzählst du für einen Quatsch. Woher willst du von irgendeinem Zeichen etwas wissen? Das geht doch wohl zu weit. - Du weißt ganz sicher, dass es ein Zeichen geben wird? Na welches denn, Eshe? Ah ja, da schweigst du, wie vornehm von dir. Mir irgendetwas einflüstern und dann den Rückzieher machen. - Was? Ich würde das merken, wenn dieses Zeichen auftaucht? Pah, lass es! Wir werden aufbrechen. Punkt.“
Versonnen schaute Eszira vor sich hin: „Wie gern würde ich die Heldenhügel sehen … Kaum jemand hat diese Gegend erforscht. Sie läge so nah an den Khentorei-Völkern, sagt man. Bestien sollen die sein, Barbaren, sagt man. - Oh nee, Eshe, wer glaubt denn so etwas. Wieso sollten andere Völker Bestien sein. Barbaren? Naja, das wäre natürlich möglich. Schließlich ist unsere Zivilisation sehr hochstehend. Unsere Geschichte ist uralt und unser Geschlecht können wir auf viele tausend Jahre zurückführen. Ob das andere auch von sich behaupten können?“
Eszira überlegte.
„Du Eshe, vielleicht sind andere Völker überhaupt keine Barbaren? - Du stimmst mir zu? Ergründen wir es! - Nein, noch nicht? Ich sollte erst mit meinem Vater sprechen, meinst du? Dazu brauche ich dich nicht, das weiß ich von allein, dass ich erst mit meinem Vater sprechen sollte. Eine Oberaufsicht ist nicht nötig, verstehen wir uns richtig, Eshe? Und nun Schluss – aus – geh aus meinem Kopf.“
Die Plantakatze trollte sich beleidigt in eine Ecke und legte sich nieder.
Der Tisch zur abendlichen Tafel war wieder brechend voll. Obst, Gemüse, Wild auf vielerlei Arten zubereitet und in der Mitte thronte der unvermeidliche Brei aus den Früchten des Tschalakalobaumes, der heilige Brei, der den Goschuren Kraft gab (wie sie meinten).
„Vater, ich muss in die Ferne ziehen“, begann Eszira das Gespräch ganz direkt. „Mich zieht es zu den Heldenhügeln, in den Nachtwald … Ich will das Zauberschwert erringen. Ich will weg, einfach nur weg … Abenteuer erleben … mich beweisen … den Weg der Kriegerin gehen …“
Erschrocken schaute Aschoko ter Tsarandul seine Tochter an: „Das kannst du nicht wirklich wollen! Dein Platz ist hier in den Hallen und an meiner Seite, Eszira!“
Gefährlich leise und mit einem grollenden Unterton erwiderte Zira: „Vater, ich bin nicht dein Zierpüppchen. Jemand mit der du dich schmückend kannst: Ach, meine Tochter, ach, ist die nicht hübsch, ach, die mit dem Busch auf vier Pfoten, ach, die so tapfer ist, blablabla. Ich bin Kriegerin! Ich gehe, ob es dir nun passt oder nicht! Wenn nicht mit deinen Segen, dann ohne ihn.“
Noch erschrockener schaute Aschoko ter Tsarandul in die Augen seiner so zornigen Tochter. Das hatte er nicht erwartet, soviel Widerspruchsgeist, soviel Freiheitswillen. Er wollte schon eine gereizte Antwort brüllen, hielt sich dann doch zurück und überlegte: Hatte sie nicht recht? Sie war eine Kriegerin. Ihr Name war in das Buch der Generationen eingeschrieben worden. Taten müssen nun hinter diesen Namen stehen. Hier in der Halle würde sie versauern. Welche Lieder sollten hier mit ihr in Verbindung gebracht werden? Hier, wo sie nichts machen konnte, als ihren Vater Gesellschaft zu leisten? Musste er sie nicht gehen lassen? Musste sie nicht ihren eigenen Weg finden?
Aschoko ter Tsarandul seufzte leise, gab sich einen Ruck und antwortete: Eszira, meine Tochter, vergib deinem Vater. Sicherlich, mir würde es besser gefallen, wenn du hier bei mir bliebest. Du bist meine Augenweide. Ich liebe es, wenn du abends mit mir zu Tische sitzest. Zira, meine Kleine, aber du hast recht. Du musst in die Weite. Du musst dich beweisen. Hier bei mir? Das wäre zwar schön, aber dann würde niemand Lieder über deine Taten verfassen und niemand würde von deinen Abenteuern singen. Geh, meine Tochter. Geh hinaus in die Welt. Es wird Zeit. Nein, ich werde dich nicht zurückhalten. Ich will und darf das nicht. Du musst deinen Weg finden. Meinen Segen hast du.“
Freudig umarmte Eszira ihren Vater. „Danke, Danke … Mich hätte es innerlich zerrissen, wenn du mir nicht deinen Segen gegeben hättest Väterchen. Morgen in der Frühe werde ich aufbrechen.
Aschoko ter Tsarandul seufzte noch einmal tief auf. Innerlich gefiel es ihm trotzdem nicht, dass er seine Tochter nun lange Zeit nicht mehr sehen sollte. „Sei vorsichtig, Tochter, kühn und tapfer, aber nicht übermütig.“
„Hab keine Angst. Ich bin stark und wendig.“ Schelmisch lächelnd fügte sie noch hinzu: „Und Vater, habe ich nicht einen starken Gefährten, der mit mir gehen wird? Einer der sowas von gefährlich aussieht, dass alle meine Feinde vor Furcht das Weite suchen werden?“
„Ich will es hoffen“, erwiderte dieser über das ganze Gesicht grienend. Ja, diese Katze und seine Tochter … das ist schon das richtige Gespann.
Am nächsten Tag, ganz früh, verabschiedete sich Eszira zuerst von Meister Da-O. „Hier Eszira, mein Geschenk für dich, diese Wurfmesser. Sie werden dir sicherlich recht nützlich sein. Fädele die Schlingen der Wurfmessertasche um deinen Gürtel. Du musst die Taschenklappe nur kurz beiseite schieben und du kommst ganz schnell an die Messer heran.“
„Danke Meister Da-O. Danke für alles. Ich werde die Messer in Ehren halten. Ich hoffe, dass ich sie nicht nutzen muss“, sprach sie lächelnd zu ihren alten Meister.
Ameritza packte schnell noch ein paar Kräuter in einen Beutel, ein paar Früchte des heiligen Baumes dazu. „So meine Liebe, nur eine Erstausstattung. Du weißt genug über Kräuter, also kannst du deinen nächsten Vorrat in der Natur suchen, wenn der hier alle ist. Sei tapfer meine Kleine.“ Ameritza ging schnell weg, weil ihr die Tränen kamen und sie wollte sie nicht Zira zeigen. Die rief ihr noch ein „Danke“ hinterher und ein „Bis zum nächsten Mal“.
Bist du bereit Eshe? Ja? Schön. Gehen wir!“
Sie verließen die Halle, den Hof, eilten flotten Schritts in Richtung der Heldenhügel. Eszira drehte sich noch mehrmals zu ihrer Halle herum. Die wurde kleiner und kleiner, je weiter sie sich entfernten.
Eshe, nun haben wir uns abgenabelt. Jetzt gibt es nur uns beide. Irgendwie bin ich auch traurig, dass ich alles habe hinter mir gelassen. Andererseits bin ich auch stolz. Jetzt beginnen die Abenteuer. Werden wir sie bestehen können? Werden wir überleben? Du meinst „ja“. Eszira lachte: „Wenn du das meinst, wird es wohl stimmen.“
Jonal hatte von Ronel’s frei laufenden Hühnern einige Eier gefunden und stand gerade am kleinen Grill des Smials, um diese in der Pfanne zu einer Art Rührei zu verarbeiten, als ihm eines der Eier aus den Fingern glitt und am Boden zerbrach, wobei sich der Dotter mit dem Sand vermischte. Jonal schaute dem zuerst grimmig zu, kniete sich dann nieder und rührte zunächst zaghaft, dann aber erstaunt mit dem Finger in dieser Masse, die langsam fester wurde und sich formen ließ.
„Ach kuck mal an“, staunte Naiiro, der das Ganze beobachtet hatte. „Da haben wir die Lösung. Wie hieß das noch in der Prophezeiung? Irgendwas mit: Stein und Fleisch vermischen sich. Wenn der Dotter jetzt ein unfertiges Küken gewesen wäre, dann ...“
Jonal schaute Naiiro ungläubig an. „Du meinst, sowas gibt es und wird dann lebendig?“
„Scheinlebendig“, berichtigte Naiiro. „Lebendig durch Zauberkraft.“
Seufzend stand Jonal auf. „Ahriman. Schon wieder Ahriman. - Weißte was? Ich lasse das Buch einfach hier, mit einem schönem Gruß und als Dank, dass ich mir ein Paar Eier zubereiten durfte. Und dann fliegen wir los.“
„Einverstanden“, meinte Naiiro. „Ich fange mir inzwischen im Sumpf ein paar fette Ratten oder Kröten. Und dann fliegen wir über das Gebiet der Goschuren. Mich interessiert, ob sich da was tut oder ob die alle in den Wäldern verborgen sind wie die südlichen Stämme der Khentorei.“
„Okay, dann hau ab.“
Aber kaum war Naiiro verschwunden, zuckte Jonal zusammen. Ihm überkam ein ganz eigenartiges Gefühl. Ein Gefühl einer fremden Macht. Ihm fröstelte, denn diese Macht war schrecklich, drohend und sehr nah. – Im gleichen Moment war auch Naiiro wieder da und blickte auf ihn herab. Und obwohl sie sich nur in die Augen blickten, wusste Jonal, dass Naiiro dasselbe passiert war.
Naiiro nickte, als Jonal ihm stumm die Frage nach Ahriman gestellt hatte. Und auch das weitere Gespräch verlief stumm – nur durch ihre Gedankenkraft. Dann senkte Naiiro wie gewohnt seine Flügel, damit Jonal besser aufsteigen konnte, erhob sich in die Luft und flog in die Richtung, wo die Goschuren lebten.
Eszira Gast - Nicht mehr aktiv
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Beide kamen schnell in der Graslandschaft voran. Der Tag verabschiedete sich langsam. Und nicht weit vor ihnen sahen sie ein Lagerfeuer.
Was denkst du Eshe, sollen wir uns mit an das Lagefeuer setzen? Mein Magen knurrt und deiner sicherlich auch. Gut, du bist einverstanden. Machen wir es so.
Sie eilten weiter und erreichten binnen Kurzem das Lagerfeuer. Zwei Gestalten saßen davor. Ein älterer Goschure und ein jüngerer.
„Santi to untundi Tschalo Kala, Friede sei mit Tschalo Kala“, entbot Eszira den uralten Gruß Reisender und Krieger von Goschura.
„Tschalo Kala muru greets, Tschalo Kala grüßt dich, Friede sei auch mit dir“, erwiderte der ältere Goschure den Gruß. „Setz dich, speise und trinke mit uns. Dein seltsamer Gefährte sei auch willkommen. Du scheinst etwas ganz Besonderes zu sein. Meine alten Augen haben schon seit Ewigkeiten keinen Goschuren mit einer Plantakatze gesehen.“
„Mein Name ist Eszira, ich bin Kriegerin und Tochter Aschoko Ter Tsaranduls, des Herrn der Ebenen und Wälder in Goschura. Das ist mein Gefährte, Eshe, eine Planta aus dem Katzenwald. Ihn habe ich errungen, als ich meine Reifeprüfung in diesem Wald ablegte und den Kriegernamen Zira erhielt.“
„Hier, nimm das Essen und den Trinkkelch.“ Der jüngere Goschure gab den beiden Nahrung und Trinken. Er sah sie mit glänzenden Augen an und fragte die beiden, wohin sie wollten.
„Wir wollen Abenteuer erleben, die Heldenhügel sehen, in den Nachtwald eindringen. Ich suche das Schwert des Lebens, das Zauberschwert, was dort in einer Höhle verborgen sein soll. Dann wollen wir weiter ziehen, ferne Länder sehen und … Ach ich weiß nicht so recht. Das wird die Zeit bringen, denke ich.“
Dem jungen Goschuren hatte es die Sprache verschlagen. Soviel Kühnheit. Nein, das war nicht sein Ding.
Der ältere schüttelte den Kopf. „Zira, ich denke, du gehst einen sehr gefährlichen Weg. Das Zauberschwert suchst du? Ach, das ist doch nur eine Legende. Ich würde an deiner Stelle nie und nimmer in den Nachtwald gehen. Gefährliche Kreaturen leben dort. Und andere Länder willst du sehen? Ich habe von wilden Barbaren gehört, von Alnei oder so ähnlich, wie sie alle heißen mögen. Das ist nichts für uns zwei. Wir beide sind nur zwei einfache Jäger, die hier heute übernachten.“
„Nichts für ungut“, lächelte Zira, „hab Dank, dass wir bei euch diese Nacht schlafen können.“
Die beiden Goschuren lächelten zurück und sie legten sich am Feuer schlafen.
Eszira holte aus einem Beutel ein kleines Stück Tuch heraus, wie Blattwerk sah es aus. Sie faltete es auseinander und es wurde immer größer, so dass sie sich darin einwickeln konnte. Ameritza hatte es ihr geschenkt.
Komm her Eshe, du sollst mein Kopfkissen sein, lass uns ruhen, wir haben noch einen weiten Weg vor uns. Eshe maunzte ganz leise und kuschelte sich ins Gras. Zira dämmerte dahin und schlief langsam ein ...
... Golden wurde es um sie herum. Goldenes Licht. Eszira wusste nicht, was es war. Sie öffnete ihre Augen. Hatte sie ihre Augen überhaupt geschlossen? Eine völlig veränderte Landschaft sah sie um sich herum, goldene Luft und ein Flirren … sie sah kein Eshe mehr … sie war allein auf der Welt … kein Himmel … kein Horizont … kein Boden … sie schwebte … auf einer goldenen Grasdecke … wo war sie … im Nirgendwo ... Wärme … Harmonien … eine sanfte Melodie … Flügel in der Luft … was für Flügel … gar ein Drache … eine Stimme sprach zu ihr … sie konnte nichts verstehen … eine schwarze Wolke verdeckte alles …
Mit einem Schrei fuhr Eszira hoch. Eshe zuckte zusammen, sprang auf seine vier Pfoten, grollte, stellte seinen Dornenhaarkranz auf.
Ist gut, Eshe, ich habe nur geträumt, beruhige dich - Es war ein eigenartiger, fremdartiger Traum. Ich weiß nicht, was ich gesehen habe. Irgendetwas Goldenes sprach zu mir. Etwas Goldenes mit Flügeln. Ich weiß nicht was dieses Etwas zu mir gesagt hat. Ich weiß gar nichts. Ich war in einer goldenen Welt, voller Schönheit und dann … dann kam so eine schreckliche schwarze Wolke … und alles war weg. - Eshe, war das das Zeichen, worauf du gewartet hast? Und woher wusstest du, dass irgendetwas auf mich zukommt? Antworte mir. Ich soll mich beruhigen? Es würde alles gut werden? Ich würde meiner Bestimmung entgegen gehen? Es ist alles in Ordnung? Baga Eshe, wenn du es meinst …
Das Feuer war heruntergebrannt und die beiden Goschuren schliefen noch. Sie waren nicht vom Schreckensschrei Esziras aufgewacht.
Komm lass uns gehen, Eshe, lass die beiden weiterschlafen. Ich kann nicht mehr ruhen.
Eszira richtete ihre leichte Rüstung aus Schlangenleder mit den goldig und silbern schillernden Schuppen, schnallte ihr Schwert quer über den Rücken, legte die blattartige Decke zusammen, verstaute sie in einem der Beutel, die sie an ihrem Gürtel trug.
Komm Eshe, verschwinden wir ganz schnell. Ja, ich weiß, dass ist auch ganz nach deinem Geschmack. Wir müssen zu den Heldenhügeln. Wir haben noch viel Wegs vor uns.
Als Dank für das Essen ließ Zira ein paar Tschalokala-Früchte bei den beiden Schlafenden liegen. Dann drehte sie sich um und lief ihrer Plantakatze hinterher, die schon ein Stück vorausgelaufen war.
***
Gast Gast
Thema: Irrsinnig viele neue Fragen Mi 14 Dez 2011 - 7:30
Schreiber Silas: Irrsinnig viele neue Fragen
Ich strecke mich und lasse meine vor Anstrengung schmerzenden Finger knacken, während Kira das liest, was ich soeben aufgeschrieben habe. Er lächelt dabei und macht mich auf mindestens acht oder neun Schreibfehler aufmerksam. – Bewundernd schaue ich ihn von der Seite an: Er ist ein hübscher Junge, wenn er lächelt. Mit seinem weich geschnittenen, trotzdem männlich markanten Gesicht hat er mit seinen blonden Haaren irgendwie etwas Engelhaftes an sich. Aber das sagt man schließlich von jedem Kind in diesem Alter, welches womöglich sogar noch Locken hat – blonde natürlich. Obwohl Kira da etwas anders ist, denn er hat mit seinen 13 Jahren schon mehr erlebt, als die griechischen Helden der Antike zusammen.
Ich reiße mich von seinem Anblick und meinen Gedanken los und komme wieder auf seine Geschichte zu sprechen. „Das muß ein saublödes Gefühl gewesen sein, in einem Meer von Farben zu stecken und Gegenstände zu sehen, die es gar nicht gibt.“
„Neenee“, wehrt Kira ab, „das war sogar ein ganz gutes Gefühl. Nur das meiste, was ich da sah, kannte ich ja noch nicht.“
„Dann wussten die beiden Freunde von dir auch nichts über die Katzen?“
„Doch. Aus Erzählungen. Da muß es bei ihren Vorfahren mal so einen Fall gegeben haben, wo auch so dunkles Ungetier vorkam.“
„Hm“, mache ich und fange an zu überlegen. „Da gibt es bei mir so ein kleines Problem mit der Zeit. Also: Silberglanz kam aus der Vergangenheit in die Zukunft. Gleichzeitig schickt dieser ... Ahriman Katzen der Zukunft in die Vergangenheit. - Das Ganze ist doch ein bescheuertes Spiel mit der Zeit. Oder? - Man kann doch nicht alles durcheinander werfen. Oder?“
„Doch, man kann. Sonst wäre ich ja nicht hier.“
Ich schaue ihn entgeistert an und raufe mir die Haare. „Ich kann nicht durch die Zeiten reisen und dann noch dabei lächeln!!!“
„Nee. Du nicht und ich auch nicht. Aber Ahriman kann, denn er ist der Meister der Zeit.“
„Ja gut, du hast es ja erlebt. Aber trotzdem: Egal, ob er der Meister der Zeit ist oder nicht. Er muss sich auch an einige Regeln halten. Zum Beispiel, dass man in der Vergangenheit nichts verändern darf, weil das sonst Auswirkungen auf die Zukunft hat. Und die bestimmt immer noch der Mensch durch sein eigenes Tun!“
Kira schüttelt mit dem Kopf. „Nein. Er steuert uns. Und solange wir nicht wissen, dass wir gesteuert werden, machen wir aus Gutgläubigkeit alles mit, was uns aufgetragen wird. Weil wir es ja nicht anders wissen.“
Mir fällt vor Staunen die Kinnlade herunter. „Du meinst, er hat alles gewusst und geplant und hat unser gesamtes Leben in der Hand?“
„Ja natürlich hat er alles gewusst“, lacht Kira laut auf. „Er hat die Macht über alle Dinge, weil wir uns nicht wehren können“. Dann wird er wieder ernst und zieht seine Augenbrauen hoch: „Er hat nur nicht gewusst, dass wir eines Tages dahinter kommen würden.“
Ich horche auf: „Wer sind: Wir?“
„Na, meine Freunde und unsere Vorfahren. Und jetzt du und vielleicht alle, die das lesen. Denn ich hatte ja immer noch das Amulett in der Hosentasche. Und damit hatte ich auch die wichtigste Kopie von Silberglanz. Und der erzählte mir, wie stinkewütend Ahriman gewesen sei, als ich fort bin.“
„Na gut“, lenke ich ein, „das wäre ein Mensch auch, wenn ihm ein Gefangener entwischt. Aber wenn ich das richtig sehe, begann der Ärger doch erst, als Ahriman zu euch in das Kristallgefängnis stürmte.“
„Genau. Da hatte er erfahren, dass die Vorfahren von Ronel und Minto seine schwarzen Katzenbestien getötet haben und ...“
„Moment“, unterbreche ich ihn. „Da ist schon wieder dieses Zeitproblem: Er schickt diese Katzen aus der Zukunft in die Vergangenheit und sie werden dort getötet. Das ist doch ein Widerspruch in sich!“
„Nee, denn sie sind ja nicht zurückgekommen. Und haben in der Gegenwart und der Zukunft danach auch nie existiert. Alles, was er in die Vergangenheit schickte und da getötet wurde, kehrte nicht zurück. Erst viel später erfuhr ich, dass sie zu Sand geworden waren. Dem Sand des Gesteins, woraus die Monster in der Allee des Schreckens gemacht waren. Obwohl diese ja auch nur lebendig wurden durch die Zauberkraft von Ahriman.“
„Aha!“ - Endlich kapiere ich. „Das war also die Erkenntnis, und das habt ihr ausgenutzt.“
War wohl nichts mit Kapieren. Denn Kira schüttelt stumm den Kopf, richtet sich auf und läuft mit den Schultern zuckend zu seinem Lieblingsplatz am Fenster. Dort setzt er sich, schaut hinaus auf den Verkehr, der zu Mittag besonders stark ist, und seufzt.
„Nicht ganz. Denn da gab es noch einige andere Dinge zu berücksichtigen. Und dabei haben meine und Ronels Vorfahren, und noch einige andere, eine wichtige Rolle gespielt. Da kamen Wesen und Dinge ins Spiel, die du nicht mal erahnen kannst. Dinge und Wesen aus der bunten Welt, die ich gesehen habe, und die nur in der falschen Reihenfolge waren. – Aber das schreibste jetzt am besten mal auf. Sonst verpassen wir ein wichtiges Date für alle weiteren Erklärungen.“
„Einverstanden. Haste was dagegen, wenn ich uns vorher noch Tee mache? So richtig auf ostfriesische Art, mit Kluntje und Sahne?“
Kira lächelt wieder sein bezauberndes Lächeln und nickt: „Gut. Aber das will ich dann genießen!“
Ich lächle ebenfalls und begebe mich in die Küche, um frisches Wasser aufzusetzen...
Der Flug war nichts Außergewöhnliches. Nur einmal, als sie über dem Gebiet der Goschuren flogen, meinte Naiiro eine Bewegung gesehen zu haben. „Da ist noch ein Wanderer oder Sucher unterwegs“, war seine Bemerkung. Und Jonal hatte geantwortet „Hab ich gesehen. Mit einer grünen Katze im Anhang.“ Und dann hatten sie sich gestritten, weil Naiiro meinte, es wäre ein graubrauner Berglöwe gewesen, aber Jonal auf der grünen Farbe bestanden hatte.
Der Flug über das Land der Goschuren verlief weiterhin ruhig. Die hügelige Ebene, wo Naiiro erklärte, die Goschuren würden sie die Heldenhügel nennen, dann die weiten Wälder, die bis an die Grenze der südlichen Khentorei reichten, mit geheimnisvollen Rascheln, das bis zu ihnen hoch drang, und dann der weite Flug über die Steppe der Khentorei, wo sie viele Herden der Purpurbüffel sahen, aber auch jagende Alnei auf ihren Davlani, nur mit Bogen, Pfeil und Kurzschwert bewaffnet.
Und endlich war es soweit: von weitem konnte man schon die Bergspitzen erkennen, wo zwei der drei Quellflüsse des Khentorenmeeres, und damit des großen Khento-River, entsprangen und diesem Land seinen Namen gaben. Genau an dieser Stelle, am Fuße der Blauen Berge, lagerten einmal im Jahr alle Stämme der Khentorei, um ihre neuen Stammesführer zu wählen. Große Feste wurden dabei gefeiert und Geschicklichkeits-Prüfungen für die jüngeren Krieger. Jonal konnte förmlich das von den Purpurbüffeln stammende und weithin bekannte Zwiebelfleisch der Khentorei riechen, dass zu diesen Gelegenheiten auf den Lagerfeuern gebraten wurde, und auch Naiiro wurde bei dem Gedanken daran plötzlich schneller. Aber er dachte auch an Na’i, die schöne Schwester von Mor’anh, die aber schon einem anderen, Mor’anhs Waffenbruder Han, versprochen worden war. Jonal seufzte tief. Es war noch eine schwere Arbeit, die Khentorei davon zu überzeugen, dass Frauen die gleichen Rechte haben sollten wie Männer. Mor’anh war schon lange davon überzeugt und er handelte auch danach. Aber es gab immer noch sture Krieger, die es für sich beanspruchten, der absolute Boss zu sein.
„Bist du dir sicher, dass es so ist?“ riss ihn Naiiro aus seinen Gedanken.
„Ähm ... wie meinst du das?“ Jonal war erschrocken, denn er hatte vergessen, seine Gedanken abzuschirmen.
„Naja“, meinte Naiiro und fing an zu lachen. „Ich bin überzeugt davon, dass so mancher Held auf dem Schlachtfeld einen Bückling macht, wenn er nach Hause kommt.“
Das stimmte auch Jonal wieder heiter. Dann riss er einen Arm nach oben und schlug eine Faust: „Also looos, Naiiro. Bald sind wir daaa!“
Eszira Gast - Nicht mehr aktiv
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Schnellen Laufschritts kamen sie immer weiter vorwärts. Vor ihnen lagen schon die Heldenhügel.
Halt Eshe, lass uns verschnaufen. Du hast vier Beine ich nur zwei. Also bist du im Vorteil mir gegenüber.
Beide blieben stehen und Eszira beugte sich nach vorn, stemmte ihre Hände auf die Oberschenke und atmete tief durch. Plötzlich grollte Eshe und sein Dornenkranz spreizte sich weit von seinem Hals.
Zira bemerkte ein Rauschen in der Luft, ein Schatten wanderte schnell über die Wiese … Eshe kreischte laut auf und Eszira schaute in die Höhe und erschrak.
Was war denn das? Sah das nicht wie ein Drachen aus? Und golden noch dazu? Hatte sie nicht Ähnliches in ihrem Traum gesehen?
Der Drachen flog einen Bogen und entschwand wieder ihren Blicken.
Hey, was meinst du, Eshe? Du kennst den Drachen nicht? Ich auch nicht. Aber, ich habe genau von so einem Biest geträumt.
Eszira machte eine wegwerfende Handbewegung.
Ach, was soll’s. Jetzt ist er weg. Laufen wir weiter.
Vor ihnen lag das Hügelland. Große Steinsäulen grüßten schon aus der Ferne.
Komm, lass uns das ganz genau anschauen.
Eszira stieg den Hügel hinauf und stand vor einem großen Menhir. Schriftzüge in der alten Sprache waren eingemeiselt: Fremder, halt inne! Die Toten grüßen dich. Halt inne.
Die Toten grüßen. Das war schon recht eigenartig. In den Chroniken hatte sie nichts darüber gelesen. Sie wollte den Menhir umrunden, stieß dabei auf eine Felsgrotte.
Lass uns hineingehen Eshe. Bist du nicht auch neugiertig? Inne halten sollen wir, meinst du? Nicht weitergehen soll das heißen? Ach, sei kein Feigling. Gehen wir.
Sie gingen in die Felsgrotte hinein und fanden einen Weg der ins Innere des Hügels führte. Es war nicht dunkel, das kann man nicht sagen … In den Wänden waren in großen Abständen leuchtende Steine eingelassen. Sie leuchteten schwach bläulich von innen heraus. Einfach so. Verwundert stiegen Eszira mit Eshe weiter hinab. Die Luft war stickig und roch recht eigenartig. Sie konnte den Geruch nicht bestimmen. Es ging immer mehr abwärts …
Du willst wieder hinauf, Eshe? Nichts da. Wir halten nicht inne.
Weiter hinab ging es. Sie mussten nun schon viele Meter unter der Erde sein. Der Gang weitete sich in eine steinerne Halle. Säulen mit Inschriften trugen die Decke. Sarkophage reihten sich an den Wänden …
Eshe grollte wieder.
Was ist los. Ob ich das auch höre. Na, was denn? Du grollst doch. Das ist nicht die Erde.
Eszira hatte kaum die Worte ausgesprochen, da hörte sie dieses Rumpeln in der Erde ebenso. Der Boden begann zu schwanken. Eszira schrie erschrocken auf und Eshe sprang zur Seite, aber genau an dieser Stelle öffnete sich eine tiefe Erdspalte und Eshe fiel hinein und zerschellte tief unten.
"Eshe, Eshe", schrie Eszira, "… das kann doch nicht sein … du darfst nicht sterben. Wir gehören doch zusammen … Eshe …"
Der Boden hob und senkte sich. Die Säulen knirschten und ehe Eszira reagieren konnte, zerbarsten sie. Das Deckengewölbe brach zusammen und begrub Eszira unter sich.
Fremder Halt inne. Die Toten grüßen dich. Halt inne.
Eszira starb einen schnellen Tod. Ein letzter Gedanke schwirrte durch ihren Kopf: Nun werden wohl keine Lieder über mich gesungen werden.
***
Mor'anh Im Volk aufgenommen
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Na’i sah Jonal schon von weitem kommen. Die Sonne stand nämlich günstig und ließ die Schuppen von Naiiro im vollem Glanz erstrahlen. Jemand, der nicht wusste, was da kam, hätte wahrscheinlich an eine Göttererscheinung geglaubt. Aber Na’i war die Dichterin und Prophetin der Alnei und wusste natürlich, dass die Götter der Khentorei niemals in einem solchen Glanz erscheinen würden.
Sofort informierte sie ihren Vater und den Alten. Und sobald Naiiro gelandet war, stürmte sie schon auf ihn zu und riss Jonal mit ihrer Umarmung fast von den Füßen. „Jonal, bin ich froh, dich zu sehen. Ich habe soviel Schreckliches in meinen Träumen gesehen und da kamen du, Mor’anh und die Thora alle drin vor.“
Nur mit Mühe konnte Jonal sich befreien. „Es freut mich ja auch, Na’i. Aber wo ist Mor’anh? Und lasse uns bitte zuerst zum Tipi deines Vaters gehen. Du musst uns dann alle deine Träume erzählen. Ich habe nämlich in dem Buch der Legenden und Prophezeiungen gelesen. Vielleicht sind die Geschichten ja wahr und du kannst sie bestätigen.“
Na’i nickte stumm und ging voraus.
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Der Alte war schon im Tipi des Häuptlings und nickte nur, als Jonal und Na’i eintraten. „Ich habe dich erwartet, Jonal. Und Na’i konnte es gar nicht abwarten, bis du endlich kamst.“ Er blickte Na’i an und Na’i errötete, wie so oft. „Nun“, fuhr er dann fort, „du hast nach Mor’anh gefragt und ich muss dir sagen, dass er dir nachgeritten ist. Wahrscheinlich habt ihr euch im Norden Thoraniens verfehlt. Und jetzt zu dir, mein Kind. Erzähle Jonal alles, was du in deinen Visionen gesehen hast.“
Als sich alle um das Stammestotem versammelt hatten, erzählte Na’i ihnen von ihren Visionen: „... und dann sah ich in einem dunklen Wald viele weißgekleidete Krieger, die zusammen mit zwei kleinen Thora gegen viele große schwarze Wesen kämpften, die mich irritieren, denn sie hatten kein Karma. Dann kam mein Bruder dazu mit seinem Davlani Racho und nutzte die Schrecksekunde aus, um alle schwarze Wesen zu töten. Aber...“, Na’i verbarg ihr Gesicht mit den Händen, holte tief Luft und schaute wieder auf. „Aber die Wesen vergingen nicht so, was wir unter Sterben bezeichnen. Sie lösten sich auf. Einfach so. Ihr schlechtes und böses Karma war Stein geworden.“
Er schaute Naiiro an und der nickte: „Da steht auch etwas davon im Buch der Legenden. Moment, ich habs gleich: Wenn Stein und Fleisch vermischen sich und werden zur Gefahr ... und so weiter.“
„Wir haben es nur gelesen, aber diesen Satz noch ausgeklammert von unseren Überlegungen“, fuhr Jonal weiter fort. „Hast du noch etwas gesehen?“
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„Ja,“ flüstert Na’i ganz leise. „Eine riesige dunkle und schwarze Armee, begleitet von schwarzen Drachen und fürchterlichen Kreaturen, die aussahen, als kämen sie aus der Hölle.“
Naiiro starrte Jonal an: „Schwarze Drachen. Dämmert dir da was?“
„Ja!“ Jonal schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. „Ahriman und seine schwarzen Drachen!“
Der Häuptling mischte sich ein: „Nicht ganz richtig, Jonal. Wir kennen Ahriman auch aus unseren Legenden. Und dort ist er der schwarze Fürst der Unterwelt. Er kennt die Zeit und er beherrscht sie. Er ist mal hier, dann in der Zukunft und dann in der Vergangenheit. Und er hat ein riesiges Heer, teils aus Lebenden, teils aus Toten. Und sie reiten wie du auf Drachen. Aber auf Drachen der Finsternis!“
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Schweigend hatten alle der langen Erklärung des Häuptlings zugehört, bis Na’i leise sagte: „Aber das habe ich doch in meinen Visionen gesehen, Vater.“
„Ja, wie sie aussehen und ...“
„Nein, wie sie über uns kamen“, unterbrach Na’i den Häuptling. „Ich habe auch einen Jungen in der Zukunft gesehen, dessen Heimat von diesem schwarzen Heer vernichtet wurde.“
„Aber das hast du uns ja noch nicht erzählt“, fuhr ihr Vater sie an.
„Nun mal langsam mit den Pferden“, beruhigte der Alte die beiden. „Lasse doch Na’i in Ruhe erzählen. Da haben wir alle mehr davon.“